Heute wird es etwas juristisch. Aber es ist lohnend, sich die Materie etwas näher anzusehen. Es geht um ein Gerichtsurteil, das für den öffentlichen Rundfunk allenfalls ein Todesurteil sein könnte.

Am 23. Mai 2024 fällte das Bundesverwaltungsgericht sein Urteil 6 B 70.23. Die Folge davon, knapp zusammengefasst: Das Bundesverwaltungsgericht prüft seitdem, ob ARD und ZDF ihren Auftrag erfüllen, echte Meinungsvielfalt zu bieten. Falls das Gericht zum Schluss kommt, dass ARD und ZDF nicht neutral und nicht objektiv informieren, dann kippt die Rundfunkgebühr. Dann sind ARD und ZDF erledigt. Der Entscheid des Bundesverwaltungsgerichts in dieser Frage soll spätestens im Oktober fallen.

Kurz zur Vorgeschichte. Eine Dame aus Bayern, wohnhaft im Landkreis Rosenheim, wehrte sich gegen den Rundfunkbeitrag für ihre Wohnung. Sie zahle nicht für ein Programm, sagte sie, das keine Meinungsvielfalt biete, und klagte darum gegen ein «generelles strukturelles Versagen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks». Sie wandte sich an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof, um die politisch einseitigen ARD und ZDF wegen Amtsmissbrauchs dranzunehmen.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof wies die Beschwerde der Klägerin aus Rosenheim ab. «Einwände gegen die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks befreien nicht von der Zahlung des Rundfunkbeitrags», urteilte das Gericht.

Unsere Dame aus Rosenheim aber liess nicht locker. Sie wandte sich ans Bundesverwaltungsgericht in Leipzig, die höchste Instanz in zivilrechtlichen Fragen. Dort kam es dann zu einer ziemlichen Überraschung. Die Richter aus Leipzig stimmten einem Revisionsverfahren zu. Sie klären nun, ob ARD und ZDF tatsächlich «ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm» anbieten. 

Die Materie habe «grundsätzliche Bedeutung», kommentierte damals das Gericht. Die Richter signalisierten damit, dass es durchaus Zweifel daran geben könne, dass für ein journalistisch unausgewogenes Programm auch Unzufriedene eine Rundfunkgebühr zu entrichten hätten.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk (ÖRR), zu dem neben ARD und ZDF auch das Deutschlandradio gehört, kam damit in eine Art Beweisnotstand. Dass dort die Botschaft angekommen war, zeigte sich 2024 an ihrer Reaktion. Alle drei Sender verschwiegen das Urteil aus Leipzig in ihren Sendungen und auf ihren News-Portalen komplett.

Für etwas Nervosität gibt es gute Gründe. Gerade in den letzten Jahren sind ARD und ZDF durch eine gehäufte Ballung von verzerrenden Darstellungen aufgefallen. Es waren Verzerrungen, die meist durch eine enge Regierungsnähe der Sender entstanden, die dadurch ihren Auftrag des allseits kritischen Journalismus begruben.

Da gab es etwa Corona, wo die «Tagesschau» zur Jagd auf Ungeimpfte blies, weil diese für Lockdowns und geschlossene Weihnachtsmärkte verantwortlich seien. Schon damals allerdings wusste jeder ARD-Journalist, dass auch Geimpfte das Virus weitergaben. Auch das ZDF propagierte die falsche These von der «Pandemie der Ungeimpften».

Ähnlich verzerrt lief die Berichterstattung rund um die Abschaltung der Atomkraftwerke, wo der ÖRR ebenfalls keine ausgewogene Debatte mit Pro und Contra zuliess. «Warum wir Kernenergie wirklich nicht brauchen», machte das ZDF klar, deckungsgleich mit der Ampel-Position. Selbst beim völlig missratenen Heizungsgesetz, so sagte einseitig das Deutschlandradio, «weist der Kompromiss der Ampel in die richtige Richtung».

Dann wiederum diskriminierte der ÖRR systematisch Vertreter der 20-Prozent-Partei AfD, die er vom Bildschirm aussperrte und besonders von Talkshows fernhielt. Selbst Anne Will, die in ihrer ARD-Talkshow besonders ausgrenzend auftrat, hält im Rückblick den Boykott von AfD-Politikern in ihrer Sendung für falsch. Will: «Das entspricht nicht dem Auftrag, den öffentlich-rechtliches Fernsehen hat.» Man könnte dem Bundesverwaltungsgericht also empfehlen, bei seiner Beratung Anne Will als Zeugin anzuhören. 

Die Chance ist dennoch eher gering, dass ARD, ZDF und Deutschlandfunk durch ein anstehendes Gerichtsurteil ihre Zwangsgebühren verlieren, weil sie nicht neutral berichten. Aber manchmal kommen ja selbst Bundesrichter zur Vernunft.