Drohnenalarm, wohin man schaut. Plötzlich sind die kleinen Flugobjekte, die längst zu unserem Alltag gehören, das grosse Thema in Europa. Ein Angriff auf unsere Sicherheit. Vorboten eines möglichen europäischen Krieges. Und immer steht, glaubt man Medien und Politikern, der böse Russe dahinter.

Inzwischen mehren sich die Zweifel und die Dementis, ob es wirklich überall Drohnen und russische Drohnen waren, die über Flughäfen und militärischen Einrichtungen von Norwegen bis Italien und von Polen bis Deutschland angeblich gesichtet wurden.

In vielen Fällen flogen gar keine Drohnen, sondern Enten. «Drohnen über Schleswig-Holstein» wollte der Spiegel gesehen haben. «Wurden die unbemannten Flugobjekte, die Ende September über Kiel auftauchten, von einem Schiff in der Ostsee gesteuert? Nach Spiegel-Informationen untersuchen deutsche Ermittler mögliche Verbindungen zur russischen Schattenflotte», meldete das einst stolze Nachrichtenmagazin («Schreiben, was ist»). Auch die renommierte Deutsche Presse-Agentur, hinter der zahlreiche Verlage und Rundfunkanstalten stehen, haute in dieselbe Kerbe.

Alles heisse Luft, wie nun selbst die Bundeswehr in Person einer Sprecherin der Flugabwehrraketengruppe 21 sagt: Am Standort Sanitz «sowie an den weiteren Standorten» dieser Einheit habe es «entgegen den Medienberichten keine registrierten Drohnenüberflüge» gegeben.

Fehlalarm auch am Flughafen Frankfurt. Ein Hobbydrohnenpilot habe «nach aktuellen Erkenntnissen seine neu erworbene Drohne kurz testen» wollen, teilte das Polizeipräsidium mit.

Zurückrudern auch in Bayern. Laut Bundespolizei gibt es «bisher keine konkrete Spur nach Alarm am Flughaben München», meldete die Bild.

Oder in Dänemark. «Zuerst wurde es als Drohnenaktivitäten über kritischer Infrastruktur bezeichnet. Jetzt nennt der Minister es ‹Luftbeobachtungen›», meldet die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt DR.

Oder in Norwegen. Der Alarm am Flughafen Oslo sei ein Fehlalarm gewesen, melden norwegische Medien. Der Flughafenbetreiber teilte mit, Drohnen seien dort Alltag: «Im vergangenen Jahr gab es rund 1500 solcher Vorfälle.» Die meisten gingen auf Touristen zurück.

Dennoch benützen tonangebende Politiker wie der deutsche Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) oder Roderich Kiesewetter, der sicherheitspolitische Vordenker der CDU, die Drogenhysterie für radikale Forderungen und Reaktionen. Dobrindt will die Befugnisse der Bundeswehr erweitern und Kieswetter gar den sogenannten Spannungsfall ausrufen. Dies sei nötig, damit Drohnen von der Bundeswehr «sofort abgewehrt werden können», wie Kiesewetter im Handelsblatt sagte.

Russland nutze die Drohnenüberflüge «zu militärischen Zwecken als Teil der Lagebild-Gewinnung» und um «das Schlachtfeld vorzubereiten». Dies müsse «wie ein Angriff betrachtet werden».

Nüchtern betrachtet, ohne die Drohnen-Drogen, die den Politikern offensichtlich das Hirn vernebeln, fragt man sich, wer denn hier nun das Schlachtfeld vorbereitet.

Kühle Köpfe sind gefragt, keine Eskalationsrhetoriker mit Hang zu Halluzinationen und anderen Luftbeobachtungen.