Es kommt selten vor, dass sich alle Journalisten einig sind. Jetzt ist es wieder einmal so weit. Wladimir Putin hat es geschafft.

Alle sind sich einig. Der Russe kommt. Putin wird Westeuropa und die Nato militärisch attackieren. Das steht fest.

Für die Zeitungsjournalisten ist es klar, dass Putin kommt. Die Bild prophezeit «Putins Angriff auf unser Land». «Die Nato muss sich auf einen baldigen Angriff Russlands einstellen», sagt das Handelsblatt. Und die Zeit fragt sich nicht mehr, ob uns Putin überfällt, sondern nur noch, «wo Putin die Nato überfallen könnte».

Für die Fernsehjournalisten ist es ebenso klar, dass Putin kommt. «Deutschland im Visier von Putin», titelt der Norddeutsche Rundfunk. «Russland startet Phase null für einen Krieg gegen die Nato», verkündet die «Tagesschau». Und der Bayerische Rundfunk meldet: «Russischer Angriff auf Nato: 100 Prozent Wahrscheinlichkeit».

Bevor Sie, liebe Leser, sofort losrennen, um Notvorräte zu hamstern, warten Sie noch ein paar Minuten. Denn nun wird es heiter. Wir stehen vor der Frage, wann genau der Russe zuschlägt.

«Greift Putin 2026 die Nato an?», drückt der Focus aufs Tempo. «Krieg mit Russland im Jahr 2027» warnt der Stern. «Einen möglichen russischen Angriff ab 2028» beschreibt die Welt. «Russland ist spätestens ab 2029 bereit», erklärt der Deutschlandfunk. «Russland könnte die Nato 2030 angreifen», sagt die Bild voraus.

Aha, da sieht man wieder mal, was für ein unzuverlässiger Typ dieser Putin ist. Er weiss einfach nicht, was er will. Aber immerhin ist sicher, dass er noch in diesem Jahrzehnt losschlagen wird.

Bei ihren Kriegsgesängen haben die Medien jeweils irgendwelche «Experten» zur Hand, die ihre Thesen stützen. Es handelt sich dabei meist um «Militärexperten» und um «Spitzenpolitiker». Oft sind es typische Prostituierte der Mediengesellschaft. Für einen selbstgefälligen Auftritt in der Zeitung oder im TV liefern sie gern jene Angriffsszenarien, welche die Journalisten hören wollen.

Der Fall ist sozialpsychologisch eindeutig. Wir erleben wieder mal eine dieser üblichen Massenhysterien in den Medien. 

Massenhysterie ist eine Kernkompetenz der Journalisten. Wir erinnern uns alle daran, wie sie uns sagten, dass Sars, Rinderwahn, Vogelgrippe, Feinstaub, Meeresspiegelanstieg, Ozonloch und Corona die Menschheit ausrotten würden. Und beinahe hätte ich das Waldsterben vergessen. «Erst stirbt der Wald, dann stirbt der Mensch», kündeten sie an.

Und nun haben wir Putin, dieses Ozonloch aus dem Osten.

 

Bei medialen Massenhysterien weiss man nie so genau, ob die Journalisten ihre Fantasien vom Untergang wirklich glauben oder ob sie diese bloss gezielt inszenieren. Bei Corona zum Beispiel wussten sie genau, dass die Zahlen der Todesopfer masslos übertrieben waren. Aber natürlich sagten sie das nicht, denn sie wollten ihre tollen Schlagzeilen nicht gefährden. Auf manchen Redaktionen lachten sie über die dummen Leser und Zuschauer, die diese Viruspanik wirklich glaubten.

Diesmal habe ich eher den gegenteiligen Eindruck. Ich denke, die Medien glauben tatsächlich, dass uns der Russe zwischen 2026 und 2030 überfällt. Die glauben wirklich an «Putins Angriff auf unser Land».

Tröstlich daran ist, der Tanz wäre zumindest schnell vorbei. Von links bis rechts sind sich die Medien einig, dass die deutsche Truppe nicht kriegstüchtig ist. «Desolater Zustand der Bundeswehr» nennt es die linke Taz. «Desolater Zustand der Bundeswehr» nennt es die rechte FAZ. Putin hätte den Job also in wenigen Wochen erledigt.

Nur: Warum sollte Putin tatsächlich kommen? Er ist ja nicht dumm.

Nach seinem Sieg nämlich ist Putin dann in Deutschland ein armer Hund. Nun muss er in der eroberten Bundesrepublik die Deutsche Bahn sanieren, die Energieversorgung sichern, die kaputten Brücken und Schulhäuser renovieren, die islamischen Messerangriffe unterbinden, die Industrie wiederbeleben, die Staatsverschuldung stoppen, die Migration unter Kontrolle bekommen, die Kriminalität senken, die Rezession beenden und die Wohnungsnot beseitigen. 

Will Putin sich das alles wirklich antun? Ich zweifle sehr daran.

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