Können Medien und Journalisten ihre Unabhängigkeit bewahren, wenn sie Fördermittel aus Staatskassen erhalten? Diese Frage steht nicht nur seit dem Ende der massiven Finanzierung ausländischer Organisationen vonseiten der USA durch die Trump-Regierung im Raum. Sie steht auch im Zusammenhang mit der zunehmenden Finanzierung journalistischer Projekte durch die Europäische Union (EU).
So investiert die EU mehrere Millionen Euro in Projekte, die sich mit investigativem Journalismus befassen. Aus der Anfrage eines EU-Abgeordneten geht nun hervor, dass die EU-Kommission unter anderem das amerikanische Investigativnetzwerk Organized Crime and Corruption Reporting Project (OCCRP) mit finanziellen Mitteln unterstützt hat – direkt nach der EU-Wahl 2024.
Wer steckt hinter OCCRP?
Das OCCRP, gegründet 2006, ist ein internationales Netzwerk von Journalisten, das offiziell auf die Aufdeckung von organisierter Kriminalität und Korruption weltweit spezialisiert ist. Bekannt wurde das Netzwerk vor allem durch Enthüllungen wie die „Panama Papers“ oder die „Azerbaijan Laundromat“-Affäre. Kritiker werfen dem Netzwerk allerdings vor, nicht immer ausgewogen zu berichten und in einigen Fällen politische oder ausländische Interessen zu unterstützen.
Ende 2024 äußerten die NDR-Journalisten John Goetz und Armin Ghassim nach ausführlichen Recherchen Zweifel an der Unabhängigkeit des OCCRP. Die Berliner Zeitung berichtete. Die beiden entdeckten, dass ein erheblicher Teil der Finanzierung des Netzwerks aus Mitteln der amerikanischen Regierung stammte, insbesondere der Entwicklungshilfebehörde USAID, die unter US-Präsident Donald Trump eingestellt wurde. Später wurde bekannt, dass das OCCRP in der Vergangenheit führenden deutschen Medien Material zur Verfügung gestellt hatte, darunter die Süddeutsche Zeitung, Spiegel und Zeit.
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Angesichts dieser Enthüllungen richtete der EU-Abgeordnete Petr Bystron (AfD) eine Anfrage an die EU-Kommission. Er wollte wissen, ob auch die EU das OCCRP finanziell unterstützt. Laut einer Antwort der Kommission, die der Berliner Zeitung vorliegt, hat das OCCRP seit November 2024 insgesamt mehr als 600.000 Euro im Rahmen eines EU-Projekts erhalten, das den europäischen Journalismus „stärken“ soll. Mit dem Projekt NEXT-IJ werden europäische Journalisten und Medienorganisationen mit Schulungen und Werkzeugen für investigativen Journalismus unterstützt. Die EU-Kommission betont, dass die Kofinanzierungen transparent und an strenge journalistische Standards gebunden seien.
Bystron sieht in dieser Unterstützung hingegen einen Versuch, die öffentliche Meinung in der EU zu beeinflussen. „OCCRP-Medien wie der Spiegel haben direkt nach der EU-Wahl von der EU über 600.000 Euro erhalten. Genau diese Medien haben durch massive Kampagnen die letzten EU-Wahlen manipuliert“, sagte er der Berliner Zeitung. Seiner Meinung nach sei das Ziel des Netzwerks unter anderem, EU-kritische Politiker zu diskreditieren.
Bystron selbst steht im Mittelpunkt laufender Ermittlungen wegen des Verdachts auf Bestechlichkeit und Geldwäsche. Die Münchener Staatsanwaltschaft untersucht derzeit, ob er Gelder von der prorussischen Plattform Voice of Europe erhalten hat, was Bystron jedoch bestreitet. Er betrachtet das Verfahren als politisch motiviert. Die Ermittlungen wurden unterbrochen, als Bystron nach seiner Wahl ins Europäische Parlament im Juni 2024 erneut Immunität erlangte. Die Generalstaatsanwaltschaft München beantragte daraufhin die Aufhebung dieser Immunität, die am 7. Mai 2025 vom Europäischen Parlament gewährt wurde, sodass die Ermittlungen fortgesetzt werden können.