Charlie wer? Der Name Kirk ist einer breiteren Öffentlichkeit in Deutschland durch den gleichnamigen «Käpt’n» aus der Serie «Raumschiff Enterprise» bekannt. Mancher mag auch noch an den Schauspieler Kirk Douglas denken. Der christlich-konservative Influencer und Trump-Unterstützer Charlie Kirk spielte bislang keine Rolle. Seine Ermordung und vor allem die Reaktionen darauf provozieren allerdings düstere Vorahnungen.

Während in den USA selbst über alle Lagergrenzen hinweg auch nicht der Hauch eines Zweifels daran aufkommt, dass politischer Mord indiskutabel ist, mischen sich in Deutschland verstörende Töne in die öffentliche Debatte, die für Vernichtung und Verfolgung bestimmter Meinungen zumindest Verständnis zeigen. «Tod eines Brandstifters», titelte der Berliner Tagesspiegel, wobei schon «Tod» den nicht ganz zutreffenden Eindruck erweckt, Kirk sei einfach nur gestorben. Dass ein «Brandstifter» nicht sonderlich vermisst wird, versteht sich ebenfalls von selbst.

Bestes Beispiel für einen verstehenden Ungeist ist die Anmoderation von Dunja Hayali in der ZDF-Hauptnachrichtensendung «heute journal». O-Ton: «Dass es nun Gruppen gibt, die seinen Tod feiern, ist mit nichts zu rechtfertigen. Auch nicht mit seinen oftmals abscheulichen, rassistischen, sexistischen und menschenfeindlichen Aussagen. Offensichtlich hat der radikal-religiöse Verschwörungsanhänger aber auch genau damit einen Nerv getroffen.»

Hier ist nur knapp, raffiniert verwinkelt und alles andere als originell die Rechtfertigung für den Abschuss des Trump-Freundes salvatorisch verbrämt. Man könnte das als einzelne Entgleisung abtun, wenn dahinter nicht die Weltsicht eines ganzen politischen Lagers hervorscheinen würde, das sich selbst als Verkörperung der offenen Gesellschaft schlechthin, umgangssprachlich gern «unsere Demokratie» genannt, betrachtet und sich berechtigt sieht, politische Gegner regelrecht zu vernichten.

Der Mord an Charlie Kirk lässt umso düsterere Ahnungen aufsteigen, als es zu den tiefen Überzeugungen dieses Milieus gehört, mit «Rechten» keinen Diskurs zu führen, sich also auch keinen erklärenden Versuchen des Brückenbaus auszusetzen. Der Konsens, dass der Tod eines Menschen kein Grund zur Freude ist, existiert nicht mehr. Im Gegenteil: Wer einen bestimmten weltanschaulichen Kanon (pro LGBTQ, pro Gaza, pro Abtreibung, anti-Trump, pro Kapitalismuskritik…) nicht teilt, wird im Sinne des inflationär gebrauchten Prädikats «Nazi» zu einem Endgegner erhoben, gegen den jegliches Mittel einzusetzen, gerechtfertigt ist.

Noch ist dies eine atmosphärische Wahrnehmung. Linksextreme Erscheinungen wie die etwa die Leipziger «Hammerbande», die auf eigene Faust vermeintliche Rechte jagte, lassen nichts Gutes ahnen. Dass Spitzenpolitiker der Grünen wie Katrin Göring-Eckardt den «Hammerbanditen» Maja T. im Budapester Gefängnis besuchten und sich solidarisch erklärten, zeigt, dass Radikalisierung auch in Deutschland auf dem Vormarsch ist.

Ralf Schuler war mehr als zehn Jahre Leiter der Parlamentsredaktion von Bild und ist Politikchef des Nachrichtenportals NIUS. Er betreibt den Interview-Kanal «Schuler! Fragen, was ist». Sein neues Buch „Der Siegeszug der Populisten. Warum die etablierten Parteien die Bürger verloren haben. Analyse eines Demokratieversagens“ ist im Fontis Verlag, Basel erschienen.